Geschichte im Essener Norden

 

Die letzte Schicht auf Zollverein am 23.12.1986

 

Erinnerung an die WDR - Sendung „Hier und heute“ vom Tage der Schließung.


Schon in den Wochen vor dem Ende von Zollverein waren die Reporter des WDR unterwegs, haben mit Leuten in Katernberg gesprochen, Stimmungen eingefangen und Fragen nach der Zukunft gestellt. Der ganze Stadtteil war vom „Pütt“ geprägt, in fasst jeder Familie gab es einen Bergmann. Gerade im Ortsteil Beisen wurde auch „Nachbarschaft“ gepflegt.

Obwohl der Tag der Stilllegung schon lange bekannt war, kam es doch für viele überraschend. Die Kumpels waren unsicher, auf welcher Schachtanlage sie demnächst noch arbeiten werden. Es gab Verlegungen nach Lohberg, Walsum, Prosper-Haniel und anderen Bergwerken. Arbeitswege wurden länger, bis zu 30 Km, auch Umzüge in andere Städte wurden überlegt. Viele wurden gefragt, wo sie arbeiten wollten, Dabei war auch entscheidend, wie lange der neue Arbeitsplatz sicher ist und ob auch noch Kumpels mitgehen.

Als die Bergleute der letzen Nachtschicht auf Zollverein 10 bei der Ausfahrt vom Reporter gefragt wurden, was dieser Tag bedeutet, kam immer wieder die Antwort, Verlust der Kameradschaft, der kurze Weg von der Wohnung zur Zeche, ein neuer langer Weg mit dem Auto. Aber auch die Unsicherheit, ob die neue Schachtanlage nicht auch bald stillgelegt wird.

Noch vor 10 Jahren waren auf Zollverein noch 8500 Bergleute tätig, Zuletzt waren es nur noch 1200.

Zollverein 10 in Schonnebeck. Hier fuhren am   23. 12.1986 die letzten Bergleute  der Nachtschicht aus und sprachen mit  den WDR- Reportern über ihre Zukunft

Für Katernberg bedeutet das Ende von Zollverein ein starker Verlust an Kaufkraft. Die Einwohnerzahl ist in 10 Jahren von ca 30 000 auf 24 000 zurückgegangen. Viele junge Familien zogen weg – nur ältere und die Rentner blieben hier wohnen. Für kleine Kaufleute und Geschäfte wird es schwierig sein zu überleben. Ob Reuschenbach betonte bei Gesprächen mit den Bergleuten, dass die Stadt alles tun wird, um neue Arbeitsplätze in Katernberg zu schaffen
Mit Zollverein hat die letzte von ehemals 22 Zechen in Essen geschlossen. Das bedeutet einen enormen Verlust an Arbeitsplätzen. Neue Industrien anzusiedeln erfordert enorme finanzielle Anstrengungen. Dabei hat der Essener Norden, gegenüber dem Süden einen großen Standortnachteil. Alte Industrieflächen müssen erst für eine neue Nutzung aufbereitet werden.

Im Beisener Geschichtskreis werden Erinnerungen zusammen getragen: an die ersten Zuwanderer aus dem Osten, an den Bau der eigenen Kirche, an den kleinen Garten hinter dem Haus und natürlich an die „Bergmannskühe“, die Ziegen, die für viele Familien lebenswichtig waren. Wo man sich auch früher mal zu einem Bier traf und zu einen Plausch über den Gartenzaun, das alles war einmal.

Über den letzen Tag lag eine nachdenkliche Traurigkeit. Der Verlust der gewohnten Umgebung und der Kameradschaft traf viele schwer, sie hatten oft 25 und mehr Jahre zusammen gearbeitet. Das verbindet Menschen in einer schicksalhaften Partnerschaft. Für andere war es schon die zweite Zechenschließung, die sie erlebten. – Und: für Prosper Haniel in Bottrop war für Januar 1987 bereits Kurzarbeit angekündigt worden. Frage wie sicher ist der neue Arbeitsplatz.


Die Sendung am 23.12.1986 schloss mit einem Weihnachtsgruß.


26.März 2012 Günter Napierala