Geschichte im Essener Norden

 

Nordanzeiger nr. 1 vom 23. November 1973



Am Freitag, den 23. November 1973, lag in den Briefkästen im Essener Norden und in den angrenzenden Stadtteilen von Gelsenkirchen und Bottrop eine neue Zeitung: der „Nordanzeiger“, herausgegeben von der NRZ. Die Redaktion begrüßte die Leserinnen und Leser neben dem Titel mit „Guten Tag!“ Die Zeitung wollte Alltagsgeschichten aus den Stadtteilen berichten, Probleme aufgreifen und eine Ergänzung zur Tageszeitung sein. Sie war kostenlos, hatte redaktionelle Berichte und viele Werbeanzeigen.

Die Eröffnung des Einkaufszentrums in Altenessen

am 2. November 1973 war die wichtigste Schlagzeile auf der Titelseite mit vielen Fotos und Berichten. Es war ein großes Ereignis im Essener Norden!

 


Bei  dem  Pressegespräch mit der NRZ zeigte sich der Center-Manager Karl Heinz Tobliesen mit der Entwicklung des Einkaufszentrums nach drei Wochen voll zu frieden. Die Kunden suchten vor allem Qualität und keine Billigware. Manche Geschäfte mussten  ihre Vorräte ständig auffüllen,  das hatte man so nicht erwartet. Bei Gesprächen des Center-Managers mit Kunden stellte sich heraus, dass die Innengestaltung der Ladenstraße mit hellen, freundlichen Farben gut ankam. Es waren Bänke vorhanden, auf denen man sich nach dem Einkauf ausruhen konnte. Oft traf man sich auch mit Bekannten  zu einem kleinen Plausch! Es gab auch ausreichend Parkplätze am Center und in der Umgebung. Sehr viele Kunden kamen auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein Großteil der Kunden kam aus Altenessen, aber nach den Autokennzeichen war zu sehen, dass auch viele aus den Nachbarstädten kamen. Das Einkaufszentrum rüstete sich für das Weihnachtsgeschäft. Dafür wurden festliche Dekorationen vorbereitet und Veranstaltungen mit vielen Überraschungen geplant. Auch an die aktuelle „Energie-Situation“ hatte man sich angepasst. So wurde auf eine aufwendige Außenbeleuchtung verzichtet und nur das unbedingt Notwendige veranlasst. Herr Tobliesen war zuversichtlich, dass das Einkaufszentrum eine gute Zukunft in Altenessen haben wird.

 

Das Einkaufszentrum wurde 1978  durch einen Erweiterungsbau an der Altenessener Straße vergrößert  und bekam 2000 eine neue Haupteingangsfassade.  Dabei wurde es in „Allee-Center“ umbenannt.



Karstadt hatte im Einkaufszentrum ein Warenhaus auf drei Etagen. Das Warenhaus war ein selbständiges  Unternehmen, hatte sich aber der Werbegemeinschaft des Einkaufszentrums angeschlossen.
Die NRZ sprach mit dem Karstadt-Geschäftsführer, Herrn Tippel. Seine Bilanz war: „Wir sind  rundum zufrieden“. Es hatte sich herausgestellt, dass das Angebot bei den Käuferinnen und Käufern sehr gut ankam, besonders bei Kurzwaren, Handarbeiten und Stoffen. Auch mit der Lebensmittelabteilung wurde hier eine Marktlücke geschlossen haben.  Das hatten auch Gespräche mit den Kunden gezeigt: „Wir sind froh, dass wir nicht wegen jeder Kleinigkeit weit fahren müssen,  sonder hier in Altenessen auch solche Sachen kaufen können“.  Die Umsätze lagen über der Planung und waren vergleichbar mit anderen Warenhäusern.  Erwartet wurde ein gutes Weihnachtsgeschäft.

Das Karstadt-Warenhaus im Center gibt es schon seit vielen Jahren nicht mehr .Es wurde von Hertie übernommen.  Nach dem Auszug von Hertie sind die drei Etagen 2010  komplett  umgebaut worden.

Auf den Innenseiten waren noch weitere interessante Berichte: Der Besuch von Journalisten auf der Zeche Zollverein, über das Eisenbahnunglück auf der Rahmstraße am 14.9.1973 und die Kardiologie im Vincenz in Stoppenberg

 


Journalisten besuchen die Zeche Zollverein

Die Werkszeitschrift „Ruhrkohle“ berichtete über einen Besuch auf der einzigen noch fördernden Schachtanlage in Essen, auf Zollverein. Die Ruhrkohle AG in Essen hatte Journalisten von Zeitungen und vom Rundfunk eingeladen, um dien Leistungsstand einer modernen Schachtanlage vorzustellen. Herbert Kleinherne, technischer Vorstand der Bergbau AG Gelsenkirchen, die Betriebsdirektoren Heinz Hövelhaus und  Willi Wessel und der Betriebsratsvorsitzende Heinz Rex von Zollverein, begrüßten die Gäste auf  Schacht 12.

Die gestiegenen Kosten bei der Kohlenförderung und die Absatzmengen müssen an die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens angepasst werden. Die Zechen Hugo, Pluto, Holland und Zollverein sollten zu einer Verbundanlage zusammengefasst werden.  Die erforderlichen Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Dieses Projekt hatte für den Bereich „Mittlere Emschermulde“ auch für die angrenzenden Schachtanlagen  Nordstern, Ewald  und Consol besondere Bedeutung: von 944 Millionen Tonnen guter Kokskohle, die in diesem Bereich vorhanden war, sind 470 Millionen Tonnen abbaubar. Bei einer Jahresförderung von 12 Millionen Tonnen bedeutete es, dass Kohle für ca. 40 Jahre gefördert werden kann. Mit der Kohle aus dem Abbaufeld der stillgelegten Zeche Holland kann die Förderung auf Zollverein von 8000 auf 12000 Tonnen täglich erhöht werden. Schacht 12 auf Zollverein sollte Hauptförderschacht werden. Die Besucher hatten Gelegenheit bei einer Grubenfahrt die voll mechanisierte Förderung im Flöz Röttgersbank kennen zu lernen. Sie waren stark beeindruckt.

23. 12. 1986 -  Auf Zollverein  wird die letzte Kohle gefördert - Ende des Bergbaus in Essen.
14. 12. 2001 - Zollverein  wird  von der Unesco in die Liste der „Weltkulturerbe“ aufgenommen.
21. 12. 2018 - Letzter Fördertag auf Prosper-Haniel in Bottrop, Ende des Bergbaus in Deutschland.


Die Todesschranke an der Rahmstraße – Sieben Tote  wie geht es weiter?

Es wurde genug geredet, jetzt muss gehandelt werden. Wann verschwinden die Bahnübergänge mit den Schranken?  Aber das alles dauert seine Zeit: eine so wichtige Strecke wie die Köln-Mindener-Bahn und dem Rangierbetrieb der Kokerei Zollverein kann nicht so schnell umgebaut werden. Das ist bei dem laufenden Bahnbetrieb sehr schwierig. Im Frühjahr nächsten Jahres können die ersten automatischen Sicherungsanlagen eingebaut werden. Die sollen verhindern, dass Züge freie Fahrt bekommen, wenn die Schranken nicht geschlossen sind.

14. 9. 1973 -  Bahnübergang Rahmstraße: Bei geöffneter Schranke wurde abends ein Kadett von einem  Personenzug überfahren, es gab 7 Tote.  Bis 1975 - 76 werden alle Bahnübergänge beseitigt und durch zwei Fußgängerbrücken ersetzt.  Für Autos wurde die Eisenbahnbrücke zwischen der Lierfeldstraße und Palmbuschweg umgebaut.


Das Vincenz Hospital hat eine neue Kardiologie  bekommen.

Hier gibt es jetzt eine Untersuchungseinrichtung, die es an keinem anderen Krankenhaus in Essen vorhanden ist. Aus einer zentralen Überwachungsanlage  können sieben Patienten zugleich überwacht werden, die nach Herzinfarkten auf der Intensivstation liegen. Die Werte jedes einzelnen Patienten werden gespeichert, sodass der Arzt bei Zwischenfällen sofort  gerufen werden kann.


31. 12. 2020 - Das Vincenz-Krankenhaus in Stoppenberg wird von der „Contilia-Krankenhaus-Gruppe“ gechlossen. Die Fachabteilungen werden in andere Krankenhäuser verlegt.


Werbung und Anzeigen

Der Nordanzeiger ist kostenlos, er wird durch Werbung finanziert: auf einer ganzen Seite wirbt die NRZ selbst für ihre fortschrittliche  Berichterstattung, auf einer anderen ganzen Seite das Einkaufszentrum für das Weihnachnachtsgeschäft. Viele andere Firmen werben auf halben Seiten. Aber auch kleine Geschäfte machen Werbung: Die Karosseriewerkstatt Hohlmann auf der Hövelstraße beseitigt Unfallschäden schnell und preiswert, die Firma Schlitze am Bahnhof Altenessen verkauft seit 40 Jahren Haushaltswaren und Fahrräder. Zwei Stellenanzeigen fallen besonders auf: Die Firma Glyco, Gleitlagerhersteller von der Stauderstraße und Siemens Fernsprechtechnik in Gladbeck sucht qualifizierte Mitarbeiter für die Produktion.

 

1975 - Die NRZ wird an die WAZ verkauft, sie ist keine selbstständige Zeitung mehr und gehört heute zur Funke-Medien-Gruppe.

1991 -  Das Telefonwerk von Siemens in Gladbeck wird geschlossen - Verlust von 1000 Arbeitsplätzen.
2024 -  Die Firma Glyco auf der Stauderstraße gibt es immer noch.
Die kleinen Firmen und Geschäfte wie Hohlmann und Schlitzer gibt es schon viele Jahre nicht mehr. Sie sind in andere Stadteile umgezogen oder auch geschlossen worden.


Quellen: 

Nordanzeiger Nr. 1, viele Pressenotizen und eigene Erinnerungen

29.4.2024 Altenessener Geschichtskreis, Günter Napierala