Geschichte im Essener Norden

 

Das Nashorn an der Gladbecker Strasse in Essen


Wer von Norden her über die B 224 nach Essen fährt, kann rechts  auf der Wiese vor der ehemaligen Zeche Emil-Emscher ein Nashorn aus Beton zwischen vier großen eisernen Säulen entdecken. Der flüchtige Blick macht neugierig, man möchte es näher betrachten. Zu Fuß oder mit dem Rad kann man die Gladbecker wegen des sehr starken Verkehrs nur an Ampeln überqueren, um dorthin zu kommen.  Dann steht es vor uns, ein mächtiges Tier, der starke Nacken, der massive Körper und die stämmigen Beine lassen die Kräfte erahnen. Die stark strukturierte Oberfläche ist durch den dunklen Straßenstaub noch verstärkt worden. Die Skulptur ist von dem Bildhauer Johannes Brus geschaffen worden. Er hat sie als Gesamtkunstwerk mit den vier Säulen, es sind Kokillen, an diesem Ort 1988 aufstellen lassen.

Das Nashorn hat den Kopf gesenkt, angriffslustig, so als ob es gleich mit seiner ganzen Kraft auf einen Angreifer losstürmen wollte. Hier wird es durch die vier Säulen gebändigt und am Angriff gehindert. So könnte es auch bis vor 10 000 Jahren im Emscherbruch gewesen sein, als hier noch Wollnashörner lebten. Mit einem bis zu ein Meter langen Horn waren sie zur Verteidigung ihres Territoriums gut ausgerüstet. Beim Bau des Rhein-Herne-Kanals im Raum Bottrop sind viele Knochen davon gefunden worden.

Solche  Wollnashörner haben bis zum Ende der Eiszeit vor ca. 10 000 Jahren im Emscherbruch gelebt

Der Essener Bildhauer Johannes Brus hat zwei Zeitalter mit diesen Kunstwerk verbunden: die Eiszeit mit dem Nashorn und die Kokillen mit dem Industriezeitalter.  In diese Gussformen ist 1300 Grad heißer, flüssiger Stahl eingegossen worden. Nach dem Erstarren wird die Kokille abgezogen und der Stahlblock dann in Walz- oder Schmiedewerken weiterverarbeitet.  Im Sommer 1966 habe ich einige Wochen auf der Gießbühne im Thyssen-Oxygen-Stahlwerk in Beeckerwerth gearbeitet. Es war eine spannende Zeit. Unter funken sprühen und braunem Rauch ist der Stahl in Kokillen gegossen worden. Besonders eindrucksvoll war das in der Nacht, dann war die ganze Gießhalle rot erleuchtet.

250 Tonnen flüssiger Stahl werden aus dieser Gießpfanne in die Brammenkokillen auf dem Wagenstand vergossen.
Ort: Siemens- Martin-Stahlwerk 1 der Thyssen-Hütte in Bruckhausen. Herbst 1957

Johannes Brus wohnt und arbeitet in Werden im ehemaligen Krupp-Wasserwerk in  der Ruhrtalstraße. Er ist in Gelsenkirchen geboren, hat an der Kunstakademie in Düsseldorf studiert, war von 1986 bis 2007 Professor an der an der Hochschule für bildende Kunst in Braunschweig. Er gehört zu den bekanntesten deutschen Bildhauern, hat an Ausstellungen im In- und Ausland teilgenommen. Seine Werke sind in vielen Sammlungen vertreten.

Johannes Brus, vor seinen zwei Pferden aus Beton, die seit  Oktober 2019 an der Tummelwiese in der Gruga stehen

Das Nashorn mit den Kokillen an der Gladbecker Straße und die Bramme von Serra auf der Schurenbachhalde gehören zu der Sammlung Kunst im öffentlichen Raum im Ruhrgebiet.


Dank an Herrn Koerner aus Borbeck, für seine Begleitung zur „Nashorn –- Expedition“  in den Emscherbruch.

Fotos: Nashorn an der Gladbecker: G.N. Nr. 34256 – 02.04.1989
Wollnashorn: Internet – Eiszeittiere im Emscherbruch
Stahlabguss: Unsere ATH  1 / 1958
Gruga Pferde: Internet WAZ 22.10.2019

Altenessener Geschichtskreis, Günter Napierala 19.02.2022